Stand Up Paddle Tour auf dem Nil von Assuan nach Luxor - ein Reisebericht
»Eine Stand Up Paddle Tour auf dem Nil«
Unzählige Mythen reihen sich um den Nil. Schon als Kind las ich Rüdiger Nehbergs Abenteuer am Blauen Nil und lange Zeit lag das Projekt, den Nil mit dem SUP zu paddeln, dann in der Schublade.
Unser Entdeckergeist erhoffte sich ein idyllisches Paddeln über den historischen und traumhaften Fluss Ägyptens, allerdings nicht ganz so extrem wie Rüdiger Nehberg, denn wir schlossen den Faktor Krokodile aus, indem wir nördlich vom High Dam in Assuan starteten. Um einen einfachen Einstieg zu haben, wurden wir die ersten 5 Tage von einer Feluke, einem traditionellen Segelboot, begleitet.
Die Feluken taten sich schwer, den weiten Weg von Luxor anzuvisieren, da zu viele Genehmigungen nötig waren, der Rückweg zu weit war und der Wind Richtung Norden abnimmt. Unsere Paddelrichtung war durch die Strömung von Süd nach Nord vorgegeben, was leider entgegen der häufigsten Windrichtung Nordwind ist. Somit lautete das Fazit: Mit der Strömung, aber gegen Wind paddeln. Wir wussten nicht, wie viele Kilometer am Tag machbar sind, da dies immer stark von der Strömung und Windstärke abhängt.
Ausgestattet waren wir mit einem GTS Sportstourer 13.0, dem GTS Cruiser 11.6 und zwei leichten GTS Narrow Paddeln.
»Der Kapitän bereitete auf der Feluke schon das Dinner vor«
Das Timing war perfekt, aber dennoch Zufall, denn die beste Zeit, einen SUP Urlaub auf dem Fluss zu machen, sind die Wintermonate. Dann ist das Wasser niedriger als im Sommer. Sobald es warm wird, steigt das Wasser des längsten Flusses der Welt um ca. 3 bis 4 m an und die zahlreichen Inseln im Nil verschwinden. Zudem gibt es deutlich mehr Strömung, aber auch stärkeren Gegenwind. Assuan lohnt sich für einige Tage zum Stand-Up-Paddeln. Elephantine Island mit seinen zwei Nubier-Dörfern, die große Sanddüne mit den Gräbern der Noblen, die Klöster in den Sanddünen, der botanische Garten auf einer der Inseln im Nil, sowie der Philae Tempel – all dies kann unabhängig von Booten mit dem SUP erkundet werden.
Die Umgebung ließ uns staunen – wir fühlten uns wie auf einer Zeitreise: die traditionellen Feluken zogen vorbei, auf den Sanddünen standen Kamele. Nur die laute arabische Musik der Motorboote, den sogenannten Dahabiyas, auf denen gefeiert wird, holte uns zurück in die Realität. Das Old Cataract Hotel steht direkt am Nilufer und kann vom SUP vom Wasser aus bestaunt werden.
»Der Roman Tod auf dem Nil von Agatha Christie wurde hier
geschrieben & verfilmt«
Immer wieder stoppten uns Fischer, die uns fragten, woher wir kamen und wohin wir wollten. Sie konnten es gar nicht glauben, dass wir per SUP unterwegs waren. Zum Sonnenuntergang landeten wir auf einer kleinen Insel im Nil – bereits 17.30 Uhr war es dunkel. Osama, der Koch, und Mahmoud, unser Kapitän, bereiteten auf der Feluke das Dinner vor. Da die Januarnächte auch in Ägypten ziemlich kalt werden können, machten wir ein Feuer auf der Insel und unsere nubische Bootscrew trommelte und sang sich warm. Wer auf dem Boot schläft, wird mit dem Sonnenaufgang wach. Doch im Winter sind die Nächte und der frühe Morgen sehr frisch – so kroch unsere Bootscrew immer erst unter ihren Decken hervor, wenn die Sonne schon genug Kraft zum Wärmen hatte.
Das heißt, bei einer entspannten Urlaubszeit von 9 Uhr gab es Frühstück. Beim Bau des umstrittenen Assuan Staudamms wurden mehr als 100.000 Nubier in neu gebaute Dörfer 45 km nördlich von Assuan zwangsumgesiedelt. Die Umsiedlung ist gelungen. Die Nubier haben ihre kulturelle Identität aufrechterhalten, aber einen besseren Lebensstandard als die Generation ihrer Großeltern und Zugang zu besserer Bildung.
»Wie viele kleine Oasen schmiegen sich die Nubier-Dörfer ans Nilufer«
Es ist immer das gleiche Muster, das uns in unserem SUP Urlaub aufgefallen ist – Bewässerungskanäle, in die Wasser aus dem Nil gepumpt wird, lassen einen 1-2 km breiten grünen Garten aus Palmenhain und Gemüsefeldern entstehen. Das Dorf steht dann direkt dahinter, um keinen fruchtbaren Boden an der Grenze zum großen Sandmeer der Sahara zu verschwenden.
Unser Ziel am 2. Tag der Stand Up Paddle Tour war Kom Ombo 47 km von nördlich von Assuan.
Bei leichtem Gegenwind und mit all unseren kleinen Stopps paddelten wir ca. 5-6 km in der Stunde. Oft wurden wir von Fischern, die Gaskocher auf ihren Booten haben, zum Tee eingeladen, so dass wir mit den SUPs in der Mitte vom Nil an Fischerbooten zum Teeplausch anlegten. Kurz vor Kom Ombo sahen wir dann häufiger Kamele am Nilufer. Wir stoppten in Daraw, denn am Wochenende gibt es hier einen der größten Kamelmärkte Ägyptens. Die Kamele kommen aus dem Sudan und werden auf LKWs Richtung Kairo verfrachtet, wo sie für Kamelfleisch geschlachtet werden. Zum Sonnenuntergang erreichten wir den Tempel Kom Ombo, der direkt am Nilufer liegt.
Wir sorgten für etwas Aufsehen, als wir mit unseren SUPs direkt zwischen den Nilkreuzfahrtschiffen anlegten. Da unsere Feluke bei dem leichten Gegenwind kreuzen musste und langsamer vorankam als wir, hatten wir Zeit, unterwegs Leute kennenzulernen oder vergessene, versteckte Tempel direkt am Ufer zu entdecken. So fanden wir 60km nördlich von Assuan einen Tempel am Gebel el-Silsila versteckt im Schilf, deutlich weniger frequentiert vom Massentourismus als Kom Ombo, da hier allenfalls die Feluken stoppen.
»Zum Sonnenuntergang erreichten wir den Tempel Kom Ombo«
Nil-Kreuzfahrtschiffe stoppen allenfalls für ein Foto von Bord. Die Felsen der Ost- und Westwüste treten hier so nah aneinander, dass das Nil-Tal besonders eng wird, man somit einen entspannten Tag auf dem SUP hat, da man durch die starke Strömung kaum paddeln braucht. Seit ältester historischer Zeit wird hier Sandstein abgebaut. Aus dem Sandstein dieser Steinbrüche wurden zahlreiche oberägyptische Tempel gebaut. Verschifft wurden die Steine nach Karnak, Luxor, Kom Ombo, Esna, Edfu und in viele andere Orte Oberägyptens. Im Tagebau wurden teilweise bis zu zwanzig Meter hohe Schnitte in den Fels getrieben, um an das begehrte Baumaterial zu kommen.
Wir versteckten unsere Boards im Schilf und gingen los.
Mit etwas Glück schließen die Wächter des Tempels oftmals auch Gräber oder verschlossene Türen der Tempel auf. Die Tage auf dem Nil ähnelten sich, die Landschaft war geprägt von Eseln und Kühen, manchmal auch Kamelen, die am Ufer grasten. Bananen- und Zuckerrohrplantagen sowie Dattelpalmenhaine wechselten sich ab, dahinter sah man die Sanddünen der Wüste. Stündlich hörte man das Hupen des Zuges, der Kairo und Assuan verbindet und nach dem Flugzeug das wohl schnellste Fortbewegungsmittel entlang des Nils ist. In Esna verabschiedeten wir uns von unserer Bootscrew: Unser Bett- und Gepäcktransport, der uns sozusagen gefolgt ist, verließ uns nun und wir paddelten solo ohne Bootsunterstützung weiter. Unser Minimalgepäck bestand aus 2 Schlafsäcken, 3 T-Shirts, Zahnbürste, Geld, Handys und Kameras. Nördlich von Esna gab es deutlich weniger Feluken, ab und zu fuhren noch Dahabiyas, die Nil-Hausboote, an uns vorbei, aber ansonsten wurde es hier deutlich ruhiger auf dem Fluss.
Die Kreuzfahrtschiffe zogen allenfalls morgens oder abends in Kolonnen von 6 oder 7 Schiffen an uns vorbei, da sie meistens morgens an den Tempeln anlegen und nachts von Ort zu Ort schippern.
»GTS Boards sind ein hervorragender Betten-Ersatz beim Camping im SUP Urlaub«
Mit 25-30 km pro Tag kamen wir gut voran, kauften in kleinen Shops am Ufer Brot, Fetakäse und Tomaten und lernten, dass immer Zeit ist für einen Tee. Die Kinder waren jedes Mal stolz, wenn sie unsere SUPs ausprobieren konnten oder wir sie zu einer kleinen Paddeltour auf unseren Boards mitnahmen. Übernachtet haben wir in Bananenplantagen oder ungestört auf den Inseln im Nil auf unseren Boards in Schlafsäcken. Die GTS Boards sind ein hervorragender Betten-Ersatz beim Camping. In den Souks der Städte lässt sich gut Proviant aufstocken. Für Interessierte der Geschichte gibt es neben Edfu & Esna unzählige Tempel und Gräber abseits vom Touristenpfad zu erkunden, z. B. El Kab oder die Pyramide Al Kola. So verbrachten wir den nicht paddelbaren Tag mit fast 30 Knoten Wind als Hobby-Archäologen. Unglaublich, wie gut erhalten diese 3000-3500 Jahre alten Zeugen der Geschichte sind.
Erstaunlich, wie bunt und detailliert die Zeichnungen sind, die das Leben am Nil zu dieser Zeit wiedergeben. Unser letzter Tag Richtung Luxor – 30 km galt es zu paddeln – wurde mit guter Strömung und Rückenwind belohnt und so waren wir schon mittags und somit 3 Stunden eher als erwartet an der Luxor-Brücke. Ab da wurden wir erstmalig von einem Boot der Touristenpolizei begleitet. Hier wurden die Ausmaße des fehlenden Tourismus seit der Revolution und nun nach Corona deutlich. Circa 50 Kreuzfahrtschiffe lagen gestrandet am Stadteingang nach Luxor am Ufer des Nils.
Unser Touristen-Polizeiboot begleitete uns direkt bis zum Hotel, wo wir per SUP einchecken konnten, denn viele der Hotels sind direkt ans Ufer gebaut. Nach 9 Tagen auf dem Nil (davon einer nicht paddelbar) und 200 gepaddelten Kilometern zwischen Assuan und Luxor sahen wir ein letztes Mal die Sonne über dem Westufer versinken. Mit vielen interessanten Geschichten, kleinen Abenteuern und tausend neuen Eindrücken beendeten wir schließlich unsere Tour mit einem Abschieds-Paddeln ans Westufer, um dort das Tal der Könige und die Kolosse von Memnon sowie den Hatschepsut-Tempel per Fahrrad zu besuchen.
Text & Bilder: Kathrin Borgwardt